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Leitfaden: Vertragspraxis in den USA

Einführung.
Dieser Aufsatz soll einen kurzen Überblick darüber verschaffen, wie Fallstricken bei internationalen Geschäften durch gutes Vertragsmanagement vermieden werden können. Verträge und somit Geschäfte sind bekanntlich für die Nachhaltigkeit eines Unternehmens mit Ertragszielen essenziell. Dies trifft umso mehr im internationalen Geschäft zu, weil neben Geschäftsinteressen gegebenenfalls auch unterschiedliche Sprachen, Kulturen und Rechtssysteme erfolgreich zusammengeführt oder überbrückt werden müssen.

Dieser Aufsatz geht konkret auf das US-amerikanisches Recht ein. Die hier angesprochenen Prinzipien gelten auch, mit Ausnahmen, analog für andere „Common Law“ Länder. Ebenfalls wird auf das in den USA bundeseinheitliche Kauf- und Handelsrecht (sog. „Uniform Commercial Code“ oder „UCC“) hingewiesen, dessen Regelungen ggf. vom „Common Law“ abweichen können.

1. Zustandekommen eines Vertrages nach den Common Law-Regelungen.

Sie möchten Unsicherheiten beim Zustandekommen eines Vertrages, sowie bei der Einbeziehung von AGB’s, ausschließen? Dann achten Sie auf Nachfolgendes.

a. Rücknahme des Angebots. Falls eine konkrete Geschäftsmöglichkeit keinesfalls verloren gehen soll, sollte ein diesbezügliches Angebot, nach einer zügigen Prüfung, sofort angenommen werden. Denn anders als in Deutschland (§145 BGB), kann ein Angebot bis zum Zeitpunkt der Annahme zurückgezogen werden. Um die Risiken für den Annehmenden zu minimieren, ist die Annahme gültig, sobald sie abgegeben wurde („mailbox rule“).

b. Schriftformerfordernis: Alle Verträge sollten auf jeden Fall schriftlich abgefasst werden. Im Gegensatz zur deutschen Regelung, unterliegen die meisten Vertragsarten nämlich einem Schriftformerfordernis (sog. „statute of frauds“). §2-201 UCC schreibt z.B. das Schriftformerfordernis bei allen Warengeschäften vor. Dies hat zur Folge, dass sich ein Kaufmann nie alleine auf eine mündliche Vereinbarung verlassen darf. Schweigen kann nicht als Zustimmung gelten, sodass im Zweifelsfall, soweit keine gegenseitige Erfüllung vorliegt, auch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben nicht weiterhilft.

c. Vertragsänderungen: Verträge sind in den USA immer nur dann wirksam, wenn sich beide Vertragsparteien gegenseitig verpflichten und diese Verpflichtungen in gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis – einem Synallagma – zueinander stehen. Diese gegenseitige Verpflichtung nennt man „Consideration“. Bei Vertragsänderungen muss dieser Umstand unbedingt beachtet werden. Es reicht nämlich nicht aus, dass eine Partei ihre Verpflichtung verändert und die andere Partei ihre versprochene Gegenleistung aufrecht erhält. In diesem Fall mangelt es an der „Consideration“, weil eine versprochene alte Verpflichtung keine „Consideration“ darstellt (sogenannte „pre-exisiting duty rule“). Wird dieser Umstand außer Acht gelassen, so besteht die Gefahr, dass der Vertrag unwirksam wird. Ein US-amerikanischer Vertragsjurist wird dafür Sorge tragen, dass der Vertrag unter Berücksichtung der „Consideration“-Erfordernisse abgeschlossen wird. Nach englischem Vertragsrecht entfällt allerdings das Erfordernis der “Consideration”, soweit der Vertrag als “Deed” unterzeichnet wird. Ein „Deed“ stellt ein besonderes Formerfordernis dar. Ein ähnliches Rechtsinstitut bzw. Formvorschrift gibt es in den USA, mit wenigen Ausnahmen bei Verfügungsgeschäften, nicht.

d. Einbeziehungskontrolle der AGB’s. In den USA werden zwar Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, jedoch gibt es kein spezielles AGB-Recht wie hierzulande. In den USA wird kein Unterschied zwischen Individualvereinbarungen und AGB’s gemacht, sondern es wird hinsichtlich der Wirksamkeit auf den Vertrag als Ganzes abgestellt. Bei AGB’s muss daher sichergestellt werden, dass diese zusammen mit dem Hauptvertrag unterzeichnet werden, denn anders als in Deutschland, muss Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Kaufleuten in den USA ausdrücklich zugestimmt werden. In der Regel werden diese explizit mit unterzeichnet. Eine Regelung, die auch stillschweigend vereinbarte Übereinkünfte zum Vertragsgegenstand macht, gibt es nicht (anders in Deutschland, vgl. §310 Abs. 1 i.V.m. §305 Abs. 2 BGB). Bei konkurrierenden AGB’s, also wenn zwei sich widersprechenden Regelungen vorliegen, kommt nach dem „Common Law“, aufgrund eines Einigungsdissenz, kein Vertrag zustande („mirror image rule“). Werden die gegenseitigen Leistungen jedoch dennoch erbracht, so wird dieser Mangel geheilt und der Vertag gilt als abgeschlossen. Geltung haben dann die letzten AGB’s denen nicht von der anderen Partei widersprochen wurde. Die Vorschriften des § 2-207 UCC sind bei Warengeschäften etwas komplizierter. Hiernach gelten Änderungen, oder zusätzliche AGB’s, als bindend, soweit diese nicht ausdrücklich und rechtzeitig abgelehnt werden („battle of the forms“) und solange die Änderungen keine wesentliche Änderung des Vertrages darstellt. Um die dabei entstehenden Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, können Sie Willenserklärungen (z.B. Angebot oder Annahme) ausdrücklich von der Geltung der eigenen AGB’s abhängig machen. Dann sind Sie immer auf der sicheren Seite.

e. Inhaltskontrolle. In den USA sind, genauso wie in Deutschland, sogenannte „Unconscionable“ (sittenwidrige) Verträge oder Klauseln unwirksam. Um eine solche Sittenwidrigkeit zu bejahen, kommt es darauf an, ob der Vertrag oder die Klausel, unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, so einseitig ausgestaltet ist, dass diese eine Vertragspartei unangemessen benachteiligen oder überraschen würde. Ähnliches wurde auch im UCC aufgenommen (§2-302 UCC). Insofern sind Vergleiche zu Sittenwidrigkeit (§138 BGB), Treu und Glauben (§242 sowie auch §307 BGB) und Überraschungsklauseln (§305c BGB) naheliegend. Sittenwidrigkeit liegt hingegen nicht vor, wenn wirtschaftliche Risiken aufgrund einer schwächeren Verhandlungsposition übernommen werden. Daher spielt die Sittenwidrigkeit in der Praxis eher bei Verträgen mit Verbrauchern eine Rolle, als bei solchen zwischen Kaufleuten.

In England ist die Rechtslage hinsichtlich des AGB-Rechts etwas anders als in den USA. Dort findet nämlich das „Unfair Contract Terms Act 1977“ auch zwischen Kaufleuten Anwendung. Für den Fall, dass Haftungsausschlüsse, oder Haftungsbeschränkungen, durch vorformulierte AGB’s im Vertrag einbezogen worden sind, findet gemäß dem UCTA eine Angemessenheitsprüfung (reasonableness) statt.

2. Vertragshauptpflichten und Leistungsstörungen.

Sie möchten die Rechtsfolgen bei Leistungsstörungen ähnlich wie in Deutschland handhaben? Dann beachten Sie nachfolgende Ausführungen zum Leistungsstörungsrecht.

a. Gewährleistungsansprüche: Der Ausschluss der Haftung für alle oder bestimmte Mängel muss ausdrücklich erklärt werden. Grundsätzlich ist es daher üblich eine Beschaffenheit mit dem Vertragspartner zu vereinbaren und diese zu gewährleisten, im Umkehrschluss dafür dann jedoch die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche („implied warranties“), z.B. „merchantibility“ und „fit for intended purpose“, auszuschließen. Gemäß der UCC wird hierfür in formeller Sicht zudem verlangt, dass dies nicht nur explizit im Vertrag zur Geltung gebracht wird, sondern es wird darüber hinaus gefordert, dass dieser Ausschluss auch in auffallender Weise gegenüber dem übrigen Vertragstext hervortritt. Daher erscheinen Haftungsausschlussklauseln immer vollständig in Großschrift.

Eigenschaften oder die Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes werden gewöhnlich im Vertrag festgehalten und somit gewährleistet. Häufig werden die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche („implied warranties“), z.B. „merchantibility“ und „fit for intended purpose“, ausgeschlossen. Zudem wird hierfür gemäß der UCC formell verlangt, dass dies nicht nur explizit im Vertrag zur Geltung gebracht wird, sondern dieser Ausschluss darüber hinaus auch gegenüber dem übrigen Vertragstext hervorgehoben wird. Daher erscheinen Haftungsausschlussklauseln immer vollständig in Großschrift.

Innerhalb der Distributionskette streben die Teilnehmer die Angleichung der Gewährleistungen für jeden Teil der Vertriebskette an. Beispielsweise wird ein Händler ungern gegenüber seinem Lieferanten auf die „implied warranties“ verzichten, wenn er selbst dem nächsten Händler, vielleicht sogar dem Endverbraucher, für Gewährleistungsansprüche einstehen muss, aber dagegen keinen Regress gegenüber seinem Lieferant geltend machen kann. An dieses Thema knüpft die Frage an, welche Parteien konkret von den Gewährleistungsrechten und Pflichten betroffen sind. Das Recht der US-Bundesländer regelt diese Frage nach einschlägigen „privity“ Normen (d.h. unmittelbare Vertragsverhältnisse) unterschiedlich. Die Notwendigkeit des „privity“ wird jedoch in gewissen Fällen durch § 2 -318 UCC (Achtung: unterschiedliche Versionen) aufgehoben. Eine durchdachte Vertragsgestaltung kann diesbezügliche Rechtsunsicherheiten entschärfen.

Auch in den USA werden die Begriffe „warranty“ (Gewährleistung) und „guarantee“ (Garantie) im Warengeschäft verwendet. Vergleichbar mit der Praxis in Deutschland beim Verbrauchsgütergeschäft ist die Ausgabe einer „manufacturer guarantee“ (Herstellergarantie). Dadurch erübrigt sich die Frage des „privity“. Anders als in Deutschland, wo das Garantierecht getrennt und neben dem Gewährleistungsrecht geregelt wird (vgl. §§ 437 und 443 BGB), werden in den USA die Rechte weitestgehend einheitlich durch die UCC Normen hinsichtlich Mängel und Mängelhaftung geregelt. Die praktische Bedeutung dieser Unterschiede der beiden Rechtssysteme hält sich jedoch in Grenzen.

Im Rahmen der Rechtssicherheit braucht man als Lieferant Klarheit über die Dauer der Gewährleistungen. In Deutschland gilt die allgemeine Verjährungsfrist von 2 Jahren (§ 438 BGB). Hiervon kann abbedungen werden soweit es nicht um Vorsatzhaftung geht (§ 202 BGB). In den USA gilt im Kaufrecht gemäß des § 2-725 eine gewöhnliche Verjährungsfrist von 4 Jahren. Die Parteien können von dieser First unter bestimmten Einschränkungen abweichende Vereinbarungen treffen. Die Frist darf jedoch nicht kürzer als 1 Jahr und nicht länger als 4 Jahren sein.

>> Beim Verkauf von Konsumgütern an den Endverbraucher wird die Gestaltungsfreiheit der Gewährleistungen stark durch Verbraucherschutzregeln des US-Bundesrechts (z.B. „Magnuson-Moss Warranty Act“) und des Bundeslandesrechts verdrängt. Soweit den Endverbrauchern Gewährleistungen durch einen sogenannten „written consumer warranty“ schriftlich zugesichert werden, ist es nach US-Bundesrecht z.B. nicht möglich von den gesetzlichen Gewährleistungsrechten abzuweichen. Abgesehen von einigen Bundesländern, die keinen Ausschluss zulassen, ist es zwar theoretisch möglich gesetzliche Gewährleistungen für Endverbraucher auszuschließen, in der Praxis wird jedoch ein Ausschluss mit dem Marketing, vor allem bei Waren mit dem Qualitätssiegel „Made in Germany“ oder „German Technology“, schwer zu vereinbaren sein. Denn sobald Produkteigenschaften in der Werbung oder auf der Verpackung geäußert werden gelten diese im Zweifelsfall als zugesicherte Eigenschaften, also als gewährleistet.

b. Rechtsbehelfe: Falls dem Schuldner ein Nacherfüllungsrecht, bzw. dem Gläubiger ein Nacherfüllungsanspruch zustehen soll, muss dies im Vertrag ausdrücklich aufgenommen werden. Anders als in Deutschland ist der primäre Anspruch im US-amerikanischen Vertragsrecht nicht ein Erfüllungsanspruch, sondern der Schadensersatz. Erfüllungsansprüche sind nur dann zulässig, wenn ein nicht wiedergutzumachender Schaden („irreparable harm“) eintreten würde. Abweichend vom „Common Law“, gesteht § 2-716 UCC dem Käufer jedoch das Recht auf Erfüllung zu, wenn es sich um eine Stückschuld (unique) handelt. Im Übrigen wird die verkäuferfreundliche Regelung, gemäß der einer Mahnung bzw. das Setzen einer Nachfrist erforderlich ist, um Schadensersatz statt der Leistung verlangen zu können, weder nach dem „Common Law“, noch nach der UCC gefordert. Daher sollte ein Verkäufer darauf achten, dass dies gegebenenfalls im Vertrag aufgenommen wird.

3. Vertragsnebenpflichten.

Sie möchten bei Vertragsnebenpflichten nicht benachteiligt werden? Dann achten Sie auf die nachfolgend erwähnten Unterschiede zwischen US-amerikanischem und deutschem Recht.

a. Anwaltskosten und Gebühren: Möglich ist, dass eine Regelung aufgenommen wird, wonach der Verlierer eines Prozesses die Anwaltskosten der überlegenen Partei bezahlen muss, denn ohne eine solche Vereinbarung trägt in den USA im Falle eines Rechtsstreits jede Partei seine eigenen Anwaltskosten.

b. Verzugszinsen: Aus Gläubigersicht ist die Aufnahme einer ausdrücklichen Regelung zu Verzugszinsen im Vertrag zu empfehlen. In den USA können Verzugszinsen erst ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung, in Deutschland bereits ab Fälligkeit einer Geldschuld, beansprucht werden (§288 BGB). Das englische Recht (The Late Payment of Commercial Debts (Interest) Act 1998) sieht dagegen gesetzliche Verzugszinsen, ähnlich wie hierzulande, mit Eintritt der Fälligkeit vor.

c. Vertragsstrafen: Die Vereinbarung einer aus dem deutschen Recht bekannten Vertragsstrafe (vgl. §339 ff.BGB) ist in den USA nicht wirksam, da Vertragsstrafen als Druckmittel für die Vertragserfüllung ausgelegt werden. Wie bereits erwähnt, steht die Vertragserfüllung in USA normalerweise nicht als Rechtsbehelf zur Verfügung. Demgegenüber ist die Schadenspauschalierung („liquidated damages“) zulässig. Hier muss aber genau auf die Formulierung der Vertragsregelung geachtet werden, um zu vermeiden, dass die Regelung als Vertragsstrafe verstanden und damit als unwirksam erklärt wird.

d. Dingliche Rechte bzw. im Vertrag vorgesehene Verfügungsgeschäfte.

>> Eigentumsvorbehalt, Gefahrübergang: Ein Verkäufer kann sich nicht auf den in Deutschland üblichen Eigentumsvorbehalt verlassen, da es in den USA kein Rechtsinstitut gibt, das mit dem Eigentumsvorbehalt vergleichbar ist. Die Gläubigerinteressen des Verkäufers können stattdessen durch das in UCC Art. 9 kodifizierten Kreditsicherheitsrecht, das „Security Interest“ genannt wird, geschützt werden. Ein „Security Interest“ muss u.a. vertraglich vereinbart und im entsprechenden Register ordnungsgemäß gemeldet werden. Im Übrigen müssen Lieferbedingungen und Gefahrübergangsregelungen (z.B. eines der gewöhnlichen Incoterms) ausdrücklich vereinbart werden.

>> Abtretung einer Geldforderung. Falls ein Factoring oder Forderungsverkauf vorgesehen ist, oder sogar für eine Finanzierung erforderlich ist, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Abtretung nicht laut Vertrag ausgeschlossen ist, denn in den USA sind Abtretungsverbote im Hinblick auf eine Geldforderung wirksam (ausgenommen: Abtretungen zwecks Kreditsicherheit, § 9-408 UCC). Im Gegensatz dazu sind in Deutschland Abtretungsverbote bzgl. einer Geldforderung zwischen Kaufleuten unwirksam (§354a HGB).

4. US-amerikanische Vertragspraxis im Allgemeinen.

Sie möchten wissen warum US-amerikanische Verträge vergleichsweise länger sind als deutsche Verträge? Nachfolgende Erläuterungen zum „Parole Evidence Rule“, sowie dem Fallrecht im Allgemeinen gibt hierüber Aufschluss.

a. Parol Evidence Rule. Lange Verträge sind in den USA üblich, weil immer versucht wird Verträge zu entwerfen, die weder Ergänzungs- noch Auslegungsbedürftig sind. In Deutschland ist die Auslegung von Verträgen eher unproblematisch, da schlicht darauf abgestellt wird, was die Parteien wirklich wollten. In den Common-Law-Staaten ist dies ungleich komplizierter. Hier wird die Vorgehensweise bei der Vertragsauslegung und der Schließung von Regelungslücken durch das „Parol Evidence Rule“ vorgeschrieben. Neben dem Umstand, dass die Regelung bereits höchst komplex ist, tritt erschwerend hinzu, dass diese Regelung von Gericht zu Gericht unterschiedlich angewandt wird. Der Common-Law-Vertragsjurist versucht daher, die dadurch entstehenden Probleme bereits bei der Vertragsausgestaltung zu umgehen, indem er Vereinbarungen so detailliert beschreibt, dass für Auslegung und Ergänzungen kein Raum mehr bleibt.

b. Fallrecht. Das Bestreben größtmögliche Rechtssicherheit aus dem Vertrag herleiten zu können, führt ebenfalls zu vergleichsweise langen Verträgen. Vor allem ist es üblich die Merkmale der Leistungsstörungen („breach of contract“), sowie die damit zusammenhängenden Rechtsbehelfe („remedies“), abschließend im Vertrag zu regeln, denn das US-amerikanisches Recht hat kein mit dem BGB vergleichbares kodifiziertes und überschaubares System, das als primäres Recht bei vertraglichen Schuldverhältnissen Anwendung findet. In den USA gilt das Prinzip des Fallrechts, wonach konkrete Fallentscheidungen als Präzedenz und Quelle des Rechts dienen. Die im konkreten Fall einschlägigen Rechtsinstitute liegen daher nicht so wie im BGB systematisch vor. Die Parteien verlassen sich daher lieber auf gesetzesähnliche Vorgaben aus dem Vertrag selbst, anstatt sich auf ein möglicherweise schwer überschaubares Fallrecht verlassen zu müssen. Eine Ausnahme stellt das UCC bei Warenkäufen da. Hier liegt ein kodifiziertes System für Leistungsstörungen und Rechtsbehelfe im Kaufrecht vor. Jedoch wird hiervon in der Praxis oft durch Einzelvereinbarungen abgewichen.

5. Rechtsberatung.

Sie möchten wissen worauf Sie bei der Auswahl eines internationalen Rechtsberaters achten sollen? Nachfolgendes gibt hierzu Aufschluss.

a. Englisch als Muttersprache. Ein wichtiger Aspekt sollte sein, dass der Anwalt Englisch als Muttersprache spricht und mit dem US-amerikanischen und deutschen Rechtssystem vertraut ist, denn die meisten Verträge im internationalen Bereich werden in englischer Sprache verfasst.

>> Obwohl die Herausforderungen bei Geschäften in einer fremden Sprache allgemein bekannt sind, bleibt diese Tatsache in der Praxis allzu oft unberücksichtigt. Vor allem sollte man sich jedoch keinesfalls auf Vertragsübersetzungen verlassen. Hierbei werden zum einen allzu oft die juristischen Begrifflichkeiten unzureichend gewürdigt, zum anderen sind Anpassungen aufgrund der Unterschiede im materiellen Recht oftmals unumgänglich.

b. Ausbildung und Zulassung. Es gibt zwar viele gute Rechtsanwälte mit einer Zusatzqualifikation aus einer „Common Law“-Jurisdiktion, jedoch ist es im Zweifelsfall sinnvoller einen Rechtsanwalt, der ursprünglich aus einer „Common Law“-Jurisdiktion kommt und über eine korrespondierender Grundausbildung und Zulassung verfügt, hinzuzuziehen. Fraglich ist, ob ein Anwalt aus dem „Common Law“ Rechtsraum in Vertragsangelegenheiten einer anderen „Common Law“ Jurisdiktion hinzugezogen werden kann. Mit Ausnahmen ist dies wohl möglich, denn obwohl in den USA beispielsweise jeder Bundesstaat seinem eigenem Recht unterliegt, finden allgemeine Rechtsgrundsätze für die Vertragspraxis mit wenigen Ausnahmen normalerweise in allen 50 Bundesstaaten (sowie die „Commonwealth Countries“) Anwendung. Ein gebürtiger Amerikaner wird in diesem Fall in der Lage sein, diese Dynamik kohärent und zuverlässig zu durchblicken.

>> Bei Rechtsstreitigkeiten ist es ab einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll, teilweise sogar notwendig, einen lokalen Anwalt in dem betroffenen Bundesstaat zu beauftragen, da dieser hier möglicherweise sachverhaltsbezogenes Fallrecht recherchieren muss, dieses aufarbeitet und in Form eines Memorandums (Memorandum of Law) für eine gerichtliche Auseinandersetzung und deren Vorbereitung erstellt.

c. Grundkompetenzen. Grundsätzlich sind diverse Kompetenzen, die weit über das übliche Juristenprofil hinausgehen, erforderlich. Nachfolgender Profilmerkmale sorgen für gute Qualitätskontrolle bei internationalen Vertragsangelegenheiten. i) Kaufmännische Kompetenzen (Verstand für wirtschaftliche Zusammenhänge, Fähigkeit Bilanzen lesen zu können); ii) Kompetenzen bei Prozessoptimierung (Sinn für ordentliche, belastbare Strukturen und sauberen, verständlichen Vertragsaufbau) ; iii) Fähigkeit Szenarien und Lösungen zu visualisieren (kreatives, vorausschauendes Denken hinsichtlich Eventualitäten und Risiken, geprägt durch fundierte Berufs- und Lebenserfahrung), iv) Juristische Kompetenzen (hilft sicherzustellen, dass der Vertrag tatsächlich wirksam ist). Ein guter Wirtschaftsanwalt kann diese Kompetenzen bündeln und vereinigen.

Hinweis: Dieser Leitfaden ist lediglich informationeller Art und stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. JEGLICHE GEWÄHRLEISTUNG UND HAFTUNG IST AUSGESCHLOSSEN.

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